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Nicht in die Werkstatt, sondern auf den Arbeitsmarkt

In Deutschland gibt es einige gezielte Förderprogramme, die Menschen mit Behinderung auf dem Weg in den Beruf unterstützen. In NRW ist das beispielsweise das Angebot „Schule trifft Arbeitswelt“, kurz „STAR“. Mit dem Programm hat auch Niklas Grewing, der eine geistige Behinderung hat, den Sprung aus der Schule in seinen Traumjob geschafft.

Niklas Grewing hat den Kelch der Kirche aus einem Transportkoffer genommen und ihn auf einer Arbeitsplatte vor sich abgestellt; er lächelt in die Kamera.

Alles begann mit einem Praktikum bei der katholischen Kirchengemeinde St. Urbanus in Dorsten. Niklas Grewing, der eine inklusive Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung besuchte, schaffte von dort aus im Jahr 2014 den Sprung in seinen Traumjob. Heute sorgt der 20-Jährige als Küster dafür, dass bei Gottesdiensten, Beerdigungen, Hochzeiten oder Taufen in der Dorstener Kirche alles rund läuft, erledigt die Garten- und Pflegearbeiten rund um das Gebäude und ist für das Waschen und Bügeln der kirchlichen Gewänder zuständig. Er verdient sein eigenes Geld und will sich bald eine eigene Wohnung und einen KFZ-Führerschein finanzieren.

Damit solche Lebenswege und Freiheiten für möglichst viele Menschen mit Schwerbehinderungen möglich werden, gibt es für Förderschülerinnen und -schüler in Deutschland verschiedene Programme, die von unterschiedlichen Organisationen und Institutionen getragen werden. In Nordrhein-Westfalen ist das beispielsweise das Angebot „Schule trifft Arbeitswelt“, kurz „STAR“, mit dem auch Niklas Grewing gefördert wurde (siehe Infokasten).

Niklas Grewing steht am Altar und zündet eine Kerze an.
Niklas Grewing hat seinen Traumberuf gefunden: Er ist Küster in einer Kirche in Dorsten. Das war auch mit Hilfe des Programms STAR möglich. Foto: LWL

Das erklärte Ziel dieses Programms: Es soll Förderschülerinnen und -schülern den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Bei STAR funktioniert das so: Die Jugendlichen werden bereits drei Jahre vor ihrem Schulabschluss von Experten aus so genannten Integrationsfachdiensten eng begleitet. Die jungen Menschen überlegen und planen dabei gemeinsam mit den Experten, welcher Beruf für sie später in Frage kommt, welche Fähigkeiten sie mitbringen oder noch weiterentwickeln könnten und welche Voraussetzungen der künftige Arbeitsplatz erfüllen müsste. Die Schülerin oder der Schüler kann auch erste Praktika in Betrieben oder bei Organisationen absolvieren, die sie oder er interessant findet, und wird dabei stets eng begleitet und beraten. Auf Wunsch können die Jugendlichen auch weitere Angebote nutzen: Sie können Seminare zur Berufsorientierung besuchen, kommunikative Hilfen in Anspruch nehmen, ein Mobilitätstraining oder ein betriebliches Arbeitstraining (Jobcoaching) machen oder technische Arbeitshilfen beantragen.

Diese Angebote hat auch Niklas Grewing wahrgenommen. Bei der Einarbeitung half zum Beispiel eine Arbeitstrainerin mit, die ihn mit einem Jobcoaching in der ersten Phase unterstützte. Sein Arbeitgeber, die St. Urbanus Kirchengemeinde, bekam darüber hinaus eine Einstellungsprämie und weitere finanzielle Hilfen zur Verfügung gestellt. Heute sind beide sehr zufrieden: Niklas Grewing in seinem Traumberuf, die Kirche mit ihrem hoch engagierten Küster.


Das Programm „STAR“

„Schule trifft Arbeitswelt“ – kurz „STAR“ ist ein nordrhein-westfälisches Angebot. Es unterstützt junge Menschen wie Niklas Grewing seit dem Jahr 2009 dabei, den Übergang von der Förderschule in den Beruf zu schaffen.

Das Programm ist Teil des NRW-Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA). STAR sichert ab, dass Schülerinnen und Schüler, die sonderpädagogische Unterstützung benötigen, sich passend zu ihrer Behinderung beruflich orientieren können. Das Angebot wird von den beiden Landschaftsverbänden in Westfalen-Lippe (LWL) und im Rheinland (LVR) durchgeführt, die dafür mit dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW, dem Ministerium für Schule und Weiterbildung und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit NRW kooperieren.

Das Konzept ist in Westfalen-Lippe sehr erfolgreich: Seit dem Schuljahr 2012/2013 konnten mit dem Angebot schon über 6.000 Schülerinnen und Schüler bei der beruflichen Orientierung begleitet werden. Für viele junge Menschen mit Handicap wurde damit der Automatismus gestoppt, dass sie nach der Schule in eine Werkstatt für Behinderte gehen, obwohl sie durchaus für Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt qualifiziert sind.

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