Selbstlernkurse zu digitaler Barrierefreiheit: Warum das Thema spätestens jetzt wichtig ist (nicht nur für Designer:innen)

Je nach Rolle, Vorwissen und Arbeitsbereich sind in der digitalen Barrierefreiheit unterschiedliche Inhalte wichtig:

  • Für Designer:innen, die direkt mit digitalen Benutzeroberflächen und visuellen Systemen arbeiten, geht es vor allem um eins: die Prinzipien und Regeln der barrierefreien Gestaltung kennenzulernen und sicher anwenden zu können.

  • Wer in Redaktionen, Kommunikation oder Verwaltung arbeitet, sollte lernen, verständliche Texte zu schreiben, barrierefreie Word- oder PDF-Dokumente zu erstellen und die Regeln der Einfachen Sprache anzuwenden.

  • Für fachübergreifende Teams, etwa in der IT, im Projektmanagement oder in Organisationen, hilft es oft, erst einmal einen Überblick über digitale Barrieren zu bekommen und zu erfahren, wie beispielsweise Websites überhaupt auf Barrierefreiheit überprüft werden können.

Wir haben dazu drei passende Selbstlernkurse herausgesucht:

🧠 Gehirngerecht Digital – Onlinekurs für Designer:innen

Dieser fundierte Selbstlernkurs richtet sich speziell an Produkt-, Marken- und UX-/UI-Designer:innen ohne weitere Vorkenntnisse. Er vermittelt in über 30 Lektionen die wichtigsten Anforderungen an barrierefreie Gestaltung auf Grundlage der WCAG- Standards (= Web Content Accessibility Guidelines, auf Deutsch: Richtlinien für barrierefreie Webinhalte). Der Kurs vermittelt zum Beispiel, welche unterstützenden Technologien Menschen mit Behinderung überhaupt nutzen – und was deshalb bei der Gestaltung von Websites und Apps generell beachtet werden muss. Dabei geht es etwa um den Aufbau einer Seite oder App, um Kontraste und Farben, Schrift und Typographie und vieles andere mehr. Der Workshop hilft außerdem dabei, die eigenen Design-Entscheidungen richtig zu dokumentieren und an Entwickler zu kommunizieren.

Im Kurs enthalten sind neben den Lektionen ein digitales Arbeitsbuch und – nach erfolgreichem Abschluss – ein Zertifikat.
Netter Bonus: Das Zertifikat kann auf LinkedIn mit dem persönlichen Profil verknüpft werden.

Kosten: 290 € (inklusive Mehrwertsteuer)


🧩 Aktion Mensch – Kostenlose E-Learning-Kurse zu verschiedenen Aspekten der Barrierefreiheit

Die Aktion Mensch bietet mehrere kostenfreie, digitale Kurse zu verschiedenen Aspekten der Barrierefreiheit – zwei davon besonders geeignet für Redaktionen, Verwaltungen, NGOs oder Kommunikationsabteilungen:

  • Selbstlernkurs „Einfache Sprache“: Wie komplexe Inhalte verständlich und inklusiv formuliert werden (Umfang: ca. 10 Stunden; → diesen Kurs hatten wir in unserem Blog hier schon einmal genauer vorgestellt)

  • Selbstlernkurs „Barrierefreie Word- und PDF-Dokumente erstellen“ (Umfang: ca. 8 Stunden)

Der Einstieg ist jederzeit möglich. Für beide Kurse ist kein Vorwissen nötig. Sie sind kostenlos, eine einmalige Registrierung ist jedoch erforderlich.


👩‍🏫 eGov-Campus – Gratis-Onlinekurs „Digitale Barrierefreiheit – Teilhabe für alle“

Der eGov-Campus ist eine Bildungsplattform, die vom deutschen IT-Planungsrat betrieben wird. Der Selbstlernkurs ist also staatlich gefördert und deshalb kostenfrei. Er richtet sich an alle Berufsgruppen – von Verwaltung über IT bis hin zu Kommunikation. Der Kurs ist ideal für Einsteiger:innen und Projektteams, die sich einen fundierten Überblick über das Thema verschaffen möchten.

Der Workshop kann im eigenen Tempo absolviert werden. Vom Anbieter wird der Umfang auf etwa 14 Wochen geschätzt – bei einem wöchentlichen Zeitaufwand von 6–9 Stunden pro Modul. Die tatsächliche Bearbeitungsdauer hängt aber stark vom individuellen Vorwissen und der eigenen Geschwindigkeit ab, eine Verkürzung ist also möglich.

Beispiele aus dem Kurs:

  • Warum digitale Barrierefreiheit nötig und wichtig ist
  • Die Rechtslage in Deutschland
  • Checklisten für barrierefreie Webseiten
  • Testmethoden zur Überprüfung der Zugänglichkeit von Websites

Auch für diesen Kurs ist kein Vorwissen nötig. Er ist kostenlos, eine einmalige Registrierung ist aber erforderlich.




Film-Tipp: Der einzigartige Blickwinkel von Käthe deKoe

Itje Kleinert lebt mit Achondroplasie, einer genetisch bedingten Wachstumsstörung, die zu Kleinwuchs führt. Unter dem Künstlerinnennamen Käthe deKoe hat sich die 1,23 Meter große Autodidaktin zur professionellen Konzertfotografin entwickelt. Ihren Blickwinkel, also von weiter unten, finden viele spannend und interessant. Sie selbst sagt, das sei nun einmal ihre Perspektive. Aus dieser hat sie zum Beispiel den Rapper Wiz Khalifa und Bands wie Bilderbuch, The Notwist oder Red Hot Chili Peppers abgelichtet. Gleichzeitig engagiert sich Käthe deKoe für mehr Inklusion und kulturelle Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Nachtleben. Sie ist Mitglied der Initiative „Barrierefrei Feiern“, die sich dafür einsetzt, dass Clubs, Festivals und die Musikbranche inklusiver gestaltet werden.

Was die Fotografin antreibt und wo ihr immer noch Barrieren begegnen, zeigt diese 15-minütige Dokumentation „Käthe deKoe: Kunst im Fokus“ in der ZDF-Reihe „einfach Mensch“.




„Barbie kann dabei helfen, den Markt inklusiver zu gestalten“

Seit 65 Jahren gibt es die Barbie-Puppe, rund 175 Modelle hat der Hersteller Mattel im Laufe der Zeit auf den Markt gebracht. Lange waren die Puppen weiß, blond und dünn und hatten keine Behinderungen. Seit ein paar Jahren werden sie immer diverser. Inzwischen gibt es Barbies mit unterschiedlichen Körperformen oder Hautfarben. Und auch Puppen mit Behinderungen, zum Beispiel eine Barbie mit Rollstuhl, eine blinde Barbie oder eine Schwarze Barbie mit Down-Syndrom.

Die blinde Autorin Jennifer Sonntag, nach eigener Aussage Barbie-Fan, hat sich auf ihrem Blog mit der Puppe beschäftigt. „Blinde Barbie – empowernd* oder nicht?“, fragt sie – und beantwortet die Frage in ihrem Beitrag mit einem klaren „Ja“. Jennifer Sonntag schreibt: „Barbie kann mehr als Mode.“ Warum sie das so sieht, könnt ihr hier nachlesen.

(*„empowernd“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „befähigend“ oder „ermächtigend“.)




Tipps für den Start oder Wiedereinstieg in den Beruf: Das Portal REHADAT Bildung

Das Portal REHADAT Bildung ist ein Angebot des Instituts der Deutschen Wirtschaft. In der Rubrik „Meinen Beruf finden“ bietet es einen Überblick über mögliche Berufsfelder, etwa Elektronik, Gesundheit, Landwirtschaft und Medien. Darüber hinaus wird zu Seiten der Bundesagentur für Arbeit verlinkt, auf denen sämtliche Ausbildungsberufe vorgestellt und verschiedene Tests zur beruflichen Orientierung angeboten werden.
Wer wegen eines Unfalls oder einer Erkrankung den alten Beruf aufgeben musste und nun wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen möchte, kann sich auch über Weiterbildungen, Umschulungen und Unterstützungsmöglichkeiten informieren.

In einer „Infothek“ hat das REHADAT-Team Projekte zusammengestellt, die Jugendliche und junge Erwachsene auf dem Weg zu ihrem Wunschberuf sowie beim Übergang zwischen Schule und Ausbildung unterstützen. Hier gibt es auch Informationen zu Mentorenprogrammen, Auslandsaufenthalten und den Beratungsangeboten der Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie der Landwirtschaftskammern. Letztere beraten und informieren Betriebe, die junge Menschen mit Behinderungen ausbilden oder einstellen möchten.

In der Infothek finden junge Bewerber:innen außerdem Checklisten, die ihnen dabei helfen, sich auf einen Termin bei der Berufsberatung oder auf ein Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Sie können hier beispielsweise prüfen, ob sie im Lebenslauf oder im Anschreiben ihrer Bewerbung an alles gedacht haben.

Diese und noch viele weitere Infos und Tipps gibt es auf www.rehadat-bildung.de!




Virtuelle Schere für mehr Inklusion: Wie „Mixed Reality“ angehende Friseur:innen in der Ausbildung unterstützt

Haare schneiden, ohne eine Schere in die Hand zu nehmen: Was wie Zauberei klingt, gehört im Berufsbildungswerk Hamburg zum Alltag in der Berufsausbildung angehender Friseur:innen. Dank einer so genannten Mixed-Reality-Brille verschmelzen hier virtuelle und reale Welt miteinander: Die Brille ermöglicht es, Haarschnitte zu üben und komplexe Techniken sichtbar zu machen, bevor sie an echten Haaren angewendet werden. Das hilft den jungen Menschen mit und ohne Behinderung dabei, das Handwerk ohne Druck und Risiko zu erlernen, und stärkt ihr Selbstvertrauen.

Hinter dem Ansatz steht das vom Bund geförderte Projekt EdAL MR 4.0. Die Abkürzung bedeutet „Entwicklung und Erprobung digitalisierter Arbeitshilfen und Lerneinheiten auf Mixed Reality Basis in der beruflichen Reha-Ausbildung zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt 4.0”. Das Projekt zielt also darauf ab, Menschen mit Behinderung oder Förderbedarfen durch digitale Werkzeuge und Lernkonzepte dabei zu unterstützen, ihre Ausbildung erfolgreich zu absolvieren – oder beispielsweise von einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln.

Der NDR hat das Berufsbildungswerk Hamburg und die Azubis besucht und sich das innovative Ausbildungskonzept aus der Nähe angeschaut. Hier lest ihr die ganze Reportage.




Blick ins Ausland: Wie eine Firma im Kosovo Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schafft

Hinter dem Projekt steckt ein Unternehmen, das einen Teil seiner Gewinne in eine Stiftung investiert hat. Diese Stiftung soll unter anderem Jugendliche unterstützen, die schlechte Bildungschancen haben. Im Frühjahr 2023 hat sie außerdem die Papierfabrik „Freesia“ gegründet, in der alle Angestellten eine Behinderung haben. Ein solches Projekt ist im Kosovo bisher einzigartig. Das Gehalt der Mitarbeiter:innen ist fast doppelt so hoch wie das Durchschnittseinkommen im Kosovo, und die Angestellten sind krankenversichert – eine weitere Besonderheit, denn eine gesetzliche Krankenversicherung gibt es im Kosovo noch nicht.

Hier könnt ihr den MDR-Beitrag lesen.




Lese-Tipp: Warum es heikel sein kann, wenn Hörende Musik für Gehörlose dolmetschen

Laura Maaß stand bei vielen Konzerten etwa von Seeed und Peter Maffay auf der Bühne und gebärdete. Dabei ging es ihr nie nur um die Liedtexte, sondern auch um den Rhythmus, die Melodie, die Instrumente und die Stimmung der Songs, die sie mit dem ganzen Körper sichtbar machen wollte. Sie entwickelte dafür eine ganz eigene Technik, für die sie in der Kulturszene bald bekannt war. Mit anderen hörenden und gehörlosen Musikdolmetscher:innen gründete sie sogar ein Kollektiv, das für die Live-Übersetzungen durchs Land tourte. Bis die Gehörlosen-Aktionsgruppe #DeafPerformanceNow bei einem der von Laura Maaß gedolmetschten Konzerte auftauchte und ihren Unmut kundtat: Sie fanden es falsch, dass eine Hörende Musik für Gehörlose übersetzt.
Nach dem Protest, der sich online weiter fortsetzte, zog sich das Kollektiv um Laura Maaß zurück. 2020 löste sie es ganz auf.

Doch was genau steckte hinter dem Protest? Die #DeafPerformanceNow-Gruppe ist inzwischen ebenfalls nicht mehr aktiv, konnte für den Artikel also nicht mehr befragt werden. Die FLUTER-Autor:innen sprachen deshalb mit Elisabeth Kaufmann, der Vizepräsidentin des Deutschen Gehörlosen-Bunds. Sie erklärt die Gründe für den Unmut der Protestgruppe, den sie durchaus nachvollziehbar findet. Einer davon: Viele Gehörlose verstehen hörende Musikdolmetscher:innen gar nicht, weil der Übersetzung ein völlig anderes Erleben zugrunde liegt – nämlich das von Hörenden. Und noch weitere Aspekte findet Kaufmann an dieser Art der kulturellen Vermittlung schwierig.




Lese-Tipp: Interview mit dem SPD-Politiker Constantin Grosch

Noch immer sind die Parlamente in Deutschland nicht komplett barrierefrei, weder baulich noch im täglichen Politikbetrieb. Im Bundestag werden beispielsweise nur die Plenarsitzungen in Deutsche Gebärdensprache übertragen, sagt Constantin Grosch, der unter anderem SPD-Abgeordneter im niedersächsischen Landtag ist. Bei anderen Debatten und Veranstaltungen passiere das nicht, in den Landesparlamenten sehe es noch schlechter aus – und die Gebäude seien eher für Besucher:innen barrierefrei als hinter den Kulissen für die Abgeordneten und Mitarbeiter:innen.

Allgemeingültige Regeln dafür, wie eine barrierefreie und inklusive Politik aussehen soll, gibt es in Deutschland noch nicht. Deshalb hat Constantin Grosch andere Politiker:innen mit Behinderungen zu einem überparteilichen Austausch eingeladen. Dabei gab es auch Überraschungen, wie er der „Frankfurter Rundschau“ erzählt hat: Es kamen auch Abgeordnete, die aus Angst vor negativen Reaktionen noch nicht öffentlich über ihre Behinderungen gesprochen hatten.

Worüber sich die Politiker:innen ausgetauscht haben, warum Constantin Grosch nicht nur Behindertenpolitik machen möchte und welche Veränderungen er sich wünscht, lest ihr hier im Beitrag der Frankfurter Rundschau.




Hör-Tipp: Wie Freiwilligen-Teams aus Menschen mit und ohne Behinderung bei der Fußball-EM 2024 mithelfen

Insgesamt sind während der EM rund 16.000 freiwillige Helfer:innen im Einsatz, ungefähr 1.600 an jedem der zehn Austragungsorte. Darunter sind auch einige inklusive Zweierteams, in denen je ein Mensch mit einer geistigen, körperlichen oder Lern-Behinderung mit einem Menschen ohne Behinderung zusammenarbeitet. Diese Tandems gibt es im ganzen Land. Die Stadt Köln sticht aber besonders hervor: Sie hat 50 dieser Zweier-Teams im Einsatz und damit mit Abstand die meisten in Deutschland.

Deutschlandfunk Nova stellt die Volunteer-Tandems in diesem knapp sechsminütigen Hör-Beitrag vor und erklärt, wie sie funktionieren und welche Aufgaben die Teams bei der EM erfüllen.
(Tipp: Um den Beitrag abzuspielen, diesem Link folgen und dann oben, direkt unterhalb des Beitragstitels, den grün-weißen „Play“-Button anklicken.)




Studie: Drei von vier angehenden Fachkräften wünschen sich, dass Unternehmen Inklusion und Vielfalt fördern

Das Forschungsteam der privaten Fachhochschule hat für die Studie rund 1.200 Menschen befragt, die zwischen 16 und 65 Jahre alt sind und gerade ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden findet es eher wichtig, dass Unternehmen sich aktiv für Inklusion und Vielfalt einsetzen. Ein Viertel der Befragten findet das sogar sehr wichtig.

Die Forscher:innen haben die künftigen Fachkräfte auch nach den sogenannten Motivatoren gefragt – also nach Werten, Rahmenbedingungen und Angeboten, die sie an ihrem Arbeitsplatz zufrieden machen würden. Für fast vier von zehn Teilnehmenden ist „Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, Familienstand, sexueller Orientierung, Herkunft, Weltanschauung und/oder Behinderung“ ein besonders wichtiger Faktor (siehe folgende Grafik).

Grafik: IU Internationale Hochschule

„Barrierefreiheit“ nannten zwar nur 7,4 Prozent der Befragten als persönlichen Motivator. Aber: Die Teilnehmenden sollten auch verschiedene Maßnahmen für mehr Inklusion und Vielfalt auf einer Rangliste einordnen. Dabei wählten sie die „Schaffung einer barrierefreien Arbeitsumgebung“ auf Platz 3.

Auf dieser Seite gibt es eine Zusammenfassung der Studie als PDF-Datei zum Herunterladen. Darin stellt die ‚IU Internationale Hochschule‘ weitere Ergebnisse vor, die von zwei Professorinnen für Human Resources (auf Deutsch: Personalwesen) eingeordnet werden.