„einzigNaht“: Maßgeschneiderte Kleidung für Kinder mit Behinderung

Mal eben kurz in die Stadt fahren und einen neuen Strampler oder Pullover für die Kleinen kaufen: Für die Eltern von Kindern mit einer körperlichen Behinderung oder einer chronischen Erkrankung ist das meist nicht möglich.
Babys oder Kleinkinder, die zum Beispiel eine Magensonde oder einen Nierenkatheder haben, können Kleidung von der Stange oft gar nicht nicht tragen. Schlauch oder Sonde hängen aus diesen Klamotten lose heraus – oder die Kleidungsstücke passen schlicht nicht.

Sandra und Christian Brunner haben sich deshalb mit ihrem Label „einzigNaht“ auf die Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen und Erkrankungen spezialisiert. Sie nähen maßgeschneiderte Bodys, Hosen und Shirts aus bunten, kindgerechten Stoffen. Die Kleidungsstücke werden an die Körpermaße und -proportionen jedes einzelnen Kindes individuell angepasst. Außerdem lassen sie genug Platz und haben bei Bedarf kleine Öffnungen für Sonden oder andere Hilfsmittel.

Im Interview mit dem Magazin StartupValley erzählen die beiden, wie sie auf die Idee zu ihrem Startup kamen, welche Herausforderungen sie seit der Gründung gemeistert haben – und wie sie „einzigNaht“ zu einem inklusiven Unternehmen weiterentwickeln möchten.
Ein tolles Projekt und deshalb unser Fundstück der Woche.




„Inklusion andersherum – Wenn der Lehrer blind ist“

Dass Christof Müller nach seinem Studium eine Stelle als Lehrer an einer Regelschule antrat, war für ihn damals nicht selbstverständlich, denn er ist blind. Der Radiosender SWR2 hat den Pädagogen einen Tag lang bei der Arbeit begleitet und diese Eindrücke in der Reportage „Inklusion andersherum – Wenn der Lehrer blind ist“ im Podcast-Format aufbereitet.

Christof Müller erklärt in dem gut 20-minütigen Beitrag zum Beispiel, wie er Arbeitsblätter für seine Klassen vorbereitet, schriftliche Klausuren korrigiert und seinen Unterricht organisiert. Auch seine Schülerinnen und Schüler kommen zu Wort und erzählen, wie sie den Unterricht mit ihrem blinden Lehrer erleben.

Unser Fundstück der Woche!




Inklusion im Alltag: Mehr Ruhe beim Einkaufen

Licht runter, Musik aus: So einfach kann Inklusion manchmal sein. Die größte Supermarkt-Kette Neuseelands ist diesen Schritt jetzt gegangen und hat damit auf ein Aufklärungsvideo einer britischen Vereinigung für Menschen mit Autismus reagiert, das demonstriert, wie reizüberflutend grelle Beleuchtung und ständige Beschallung für Autistinnen und Autisten im Alltag sein können.

Zehn neuseeländische „Countdown“-Märkte testen deshalb seit einem Jahr die „Quiet Hour“. Sie reduzieren für 60 Minuten pro Woche das Licht und schalten die Musik ab, die sonst aus den Lautsprechern dringt. Damit hat das Unternehmen offenbar einen Nerv getroffen und weitet das Testprojekt jetzt auf alle 180 Filialen aus.

In diesem Artikel berichtet die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung über das Testprojekt – und erklärt auch, warum es in deutschen Supermärkten bisher noch keine „Stille Stunde“ gibt. Unser Fundstück der Woche!




Mit Ohren, Nase und Gespür

Michael Wahl ist 38 Jahre alt und blind. Bis er 18 Jahre alt war, hatte er auf dem rechten Auge noch vier Prozent Sehkraft, heute ist es nur noch ein Prozent. Dieser vermeintlich kleine Unterschied bedeutete für ihn damals den Übergang von einer schweren Sehbehinderung hin zur Blindheit.

Wie er diesen Einschnitt erlebt hat und wie er sich heute in der Welt bewegt, hat Michael Wahl bis Ende Mai 2019 in der zeitlosen Kolumne „Von hier an blind“ für die Online-Ausgabe des Magazins der Süddeutschen Zeitung aufgeschrieben. In insgesamt acht Folgen berichtet der Autor von seinen Erfahrungen mit seiner Behinderung, davon, wie er andere Menschen wahrnimmt, von den Bereicherungen, die er durch seine Blindheit erfährt, aber auch von seinen Ängsten. Und er erzählt, welche Lösungen er sich immer wieder sucht, wenn er mit schwierigen Alltagssituationen konfrontiert ist.

In der fünften Folge der Kolumne, die wir für euch verlinkt haben, erklärt Michael Wahl, der als Referatsleiter im Sozial- und Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz arbeitet, wie seine Arbeitswelt funktioniert und welche App sein Leben revolutioniert hat.
(Spoiler: Es ist die App „Be My Eyes“, die Menschen ohne Sehbehinderung mit blinden oder stark sehbehinderten Menschen verknüpft. Das Konzept: Wenn jemand mit Sehbehinderung im Alltag auf ein Hindernis stößt und schnell mal die Hilfe eines Sehenden braucht, kann sie oder er über die App suchen, ob aus der sehenden Community gerade jemand in der Nähe ist und unterstützen kann.)




Wie ist der Alltag gehörloser Menschen?

Aus diesem Besuch bei Robin ist die schöne Video-Reportage „Jung und taub“ entstanden, in der der junge Mann dem PULS-Moderator seinen Alltag zeigt. Er erklärt, wie manche Situationen für ihn sind, wie er sich ohne Lautsprache mit seinem Umfeld verständigt und was er sich für die Zukunft von hörenden Menschen wünscht.

Der Ton der Reportage wird übrigens begleitend zum Film von einem Gebärdensprachdolmetscher übersetzt und Robins Gebärden von einer Dolmetscherin in Lautsprache.




„Behinderung ist keine Verhinderung“

In Folge 4 der Serie war die Kommunikations- und Start-Up-Managerin Lina Maria Kotschedoff zu Gast. Sie ist fast blind und erzählt im Interview, wie sie im beruflichen und privaten Alltag mit dieser Behinderung umgeht – zum Beispiel, indem sie Apps wie Siri oder Whatsapp gezielt einsetzt. Für sie hat sich dadurch so etwas wie eine „Innovationsgewohnheit“ entwickelt, wie sie es nennt: Sie macht sich laufend bewusst, was sie im Alltag braucht und findet dafür immer wieder neue Lösungen.

Im Interview spricht sie unter anderem über das Ärgernis mit dem Begriff „normal“, über den Unterschied zwischen Unterstützung und Bevormundung, über Vielfalt und Inklusion in ihrem persönlichen Umfeld und über Hindernisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.




Umfrage: Was braucht ihr, damit der Arbeitsmarkt inklusiver wird?

JOBinklusive ist eine Langzeit-Kampagne der Sozialhelden. Der Verein möchte mit dem Projekt Brücken bauen zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, die beim Thema Arbeit und Inklusion etwas bewegen können oder von konkreten Maßnahmen profitieren würden: Menschen mit Behinderung, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Bildungseinrichtungen, Arbeitsvermittlerinnen und -vermittlern, der Politik und den Wohlfahrtsverbänden.

Um herauszufinden, was konkret verbessert werden müsste, damit die Arbeitswelt wirklich inklusiver wird, hat JOBinklusive jetzt einen Online-Fragebogen gestartet. Damit soll die Perspektive von Menschen mit Behinderung erfasst werden: Wie ist eure Situation und warum ist sie so? Wie war euer Weg bisher? Was braucht ihr für einen inklusiven Arbeitsmarkt?




Forderungen, Demonstrationen und viele Bilder: #missioninklusion

Am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen beteiligten sich viele Verbände und andere Organisationen in ganz Deutschland. Die Berichterstattung in den Medien war aber eher schmal. Was wir finden konnten, haben wir hier für euch zusammengetragen:

  • Jürgen Dusel forderte anlässlich des Protesttages per Pressemittteilung die steuerliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. „Der Pauschalbetrag für Menschen mit Behinderungen im Einkommensteuerrecht ist seit 44 Jahren – seit 1975 – nicht erhöht worden“, sagte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. „Das widerspricht der wirtschaftlichen Realität, ist niemandem zu vermitteln und schlichtweg ungerecht. Ich appelliere an die Bundesregierung, sich dieses Themas anzunehmen und den Pauschbetrag deutlich zu erhöhen.“
  • Einen kleinen Überblick über die Aktionen am Protesttag – auch über weitere in den kommenden Tagen – ist bei den Kobinet-Nachrichten zu lesen.
  • Ein wenig bunter geht es bei Instagram zu, wo ihr unter dem Hashtag #missioninklusion viele Eindrücke zum Protesttag finden könnt.



Model mit Down-Syndrom

Die Modebranche gilt als hartes Pflaster. Wer als Model nicht in ein bestimmtes Schema passt, zu klein oder zu dick ist oder nicht die „richtige“ Art von Schönheit hat, wird aussortiert – und bekommt entweder keine Jobs oder kann den Beruf gar nicht erst ausüben.

Seit einigen Jahren beginnen manche Magazine und Designer in der Branche, umzudenken. Sie wollen nicht mehr nur dünne, weiße Mädchen, sondern suchen immer öfter auch Menschen und Gesichter, die etwa unterschiedlicher Herkunft sind, interessant aussehen und nicht in ein starres Ideal passen. Daraus können Karrieren für Menschen entstehen, die bisher zum Beispiel wegen einer Behinderung bisher nicht in die Branche passten – so auch die junge Australierin Madeline Stuart, die das Down-Syndrom hat. Mit 17 Jahren erzählte sie ihrer Mutter, dass sie Model werden möchte. Die organisierte ein Fotoshooting und stellte die Bilder ins Netz, wo die junge Frau schnell eine große Fangemeinde aufbaute. Auch ein südafrikanischer Modeschöpfer wurde auf sie aufmerksam und engagierte die damals 18-Jährige für einen Auftritt in New York. Damit ging Madeleine Stuarts Karriere so richtig los, die bis heute andauert.

Im Blog des Schweizerischen Tagesanzeigers könnt ihr eine kurze Version von Madeleine Stuarts Geschichte lesen – und euch dort auch einige tolle Fotos anschauen, die Ausschnitte aus Stuarts Berufsalltag bei den Fashion Weeks 2018 in New York und London zeigen. Der Reuters-Fotograf Andrew Kelly hat die junge Frau dorthin begleitet und seine Eindrücke mit der Kamera eingefangen.




Eine Anhängerkupplung für Rollstühle

Die Entwicklung des Erfinder-Duos der Teuto InServ aus Bielefeld ist ebenso simpel wie genial: zwei Mitarbeiter des Inklusionsunternehmens haben ein Kupplungssystem für den Rollstuhl entwickelt, an dem man Koffer, Transport- oder Kinderanhänger sicher befestigen kann. „Rollikup“ heißt diese Entwicklung von Andreas Neitzel und Eduard Wiebe, zusammengesetzt aus den Wörtern „Rollstuhl“ und „Kupplung“. Das System ist das weltweit erste seiner Art, denn anders als zum Beispiel schon existierende Kupplungen für Fahrradanhänger lässt sich „Rollikup“ auch hinter dem Rücken und mit einer Hand bedienen.

Das Entwickler-Team stellt seine Erfindung am Dienstag, 19. März, in der TV-Show „Das Ding des Jahres“ vor. Es bewirbt sich damit um ein Preisgeld von 100.000 Euro. Zur Jury gehören unter anderem der Moderator Joko Winterscheidt und das Model Lena Gercke. Die Show wird um 20.15 Uhr auf Pro Sieben ausgestrahlt.

Übrigens: Wenn ihr wissen wollt, was der Inklusionsbetrieb Teuto InServ sonst noch so alles macht, lest hier unser Porträt über das Unternehmen!