Ein Gemeinschaftsbüro für alle

Barrierefreie Räume, höhenverstellbare Schreibtische, Braille-Tastaturen: Das und noch vieles mehr bietet Deutschlands erster inklusiver Coworking-Space „TUECHTIG“ seit dem Jahr 2017.

Das Gemeinschaftsbüro liegt mitten im Berliner Stadtteil Wedding. Menschen mit und ohne Handicap können hier einen Schreibtisch oder Konferenzraum anmieten, sich mit anderen Gründerinnen und Freiberuflern austauschen oder auch gemeinsame Projekte entwickeln.

Das „TUECHTIG“ bietet auf Wunsch auch Angestellten einen Ort zum Arbeiten an, die nach einem Unfall oder einer Erkrankung einen barrierefreien Arbeitsplatz brauchen, ihr Arbeitgeber diesen aber noch nicht zur Verfügung stellen kann.

Den ganzen Tag lang stehen im Gemeinschaftsbüro mehrere Arbeitsassistentinnen und -assistenten bereit. Sie unterstützen alle, die es wünschen, bei der Arbeit. Außerdem ist im „TUECHTIG“ eine Psychologin fest angestellt. Sie begleitet zum Beispiel Menschen nach einem Burn-Out oder anderen Erkrankungen dabei, wieder ins Berufsleben zurückzukehren und neue Arbeitsabläufe zu entwickeln.




„Wir sind eine unfassbar laute Band“

Experimentierfreudig, verspielt, laut: So ist die Musik der Hamburger Krautrock-Band Station 17. In wechselnder Besetzung proben unter diesem Namen seit 30 Jahren Musiker mit und ohne Behinderung, spielen Konzerte und veröffentlichen Alben.
Die Aufschrift „Stop – Hier wird gearbeitet“ an der Tür des Probenraums ist dabei wörtlich zu nehmen, denn die Band ist viel mehr als ein Hobby. Die Musiker sind beim inklusiven Netzwerk Barner 16 fest angestellt und erwirtschaften ihr Einkommen durch ihre Kunst. Wie das klingt und aussieht, erzählt die taz in dieser Reportage.




Eine Software für menschlichere Computerschrift

Die Digitalisierung macht’s möglich: Durch Untertitel können auch taube Menschen oder Menschen mit schweren Hörbehinderungen Filme, Dokus, Serien und Videos schauen und verstehen.

Doch die Computerschrift, die dafür eingesetzt wird, hat auch ein großes Manko: Im Gegensatz zu gesprochener Sprache hat sie nichts menschliches und emotionales, sie drückt keine Betonungen, kein Tempo und keine unterschiedlichen Lautstärken aus.

Der Unternehmer Tim Schlippe möchte das mit seiner Software „Wavefont“ ändern. Sie verändert das Aussehen von Computerschrift so, dass die Leser sich anhand dessen vorstellen können, wie sich die geschriebenen Worte gesprochen anhören würden. Gründerszene.de hat den Unternehmer und seine Idee in diesem Artikel vorgestellt.




„Für mich war klar: Ein Bürojob ist nichts für mich“

Egal, ob auf dem Platz oder im Stadion, in der Halle oder im Tanz- und Fitnessstudio, in der freien Natur oder rund ums Wasser: Sport bringt Menschen zusammen, ist halb Spiel, halb Arbeit, und löst Glücksgefühle aus, sobald sich die ersten kleinen und großen Erfolge einstellen.

Für Alexander Donner ist der Sport zur Berufung geworden. Der 30-Jährige ist seit seiner Jugend querschnittsgelähmt und arbeitet heute als Ruder-Trainer beim Hochschulsport an der Uni Hamburg. In diesem Interview erzählt er, wie es dazu kam – unser Fundstück der Woche!




Reisen für Alle!

Im Urlaub wollen die meisten Menschen Sonne, ein schönes Reiseziel, Spaß, Entspannung und Erholung – und dazu gehört auch, dass eine Reise keinen unnötigen Stress verursacht.

Für viele Menschen mit Behinderung ist genau das allerdings oft schon bei der Planung der Fall. An fremde Orte zu fahren ist meist schwierig, wenn man mit Rollstuhl oder Gehhilfe reist, eine Sehbehinderung hat oder gehörlos ist: Viele Angebote sind nicht darauf eingerichtet, dass auch Menschen mit Behinderung zu ihren Gästen zählen könnten und genauso eigenständig und ohne Hilfe verreisen möchten wie andere Menschen auch.

Damit der nächste Ausflug oder Urlaub entspannt wird, ist also vor allem eins wichtig: verlässliche Informationen über die Voraussetzungen am Reiseziel. Seit 2014 findet ihr genau das auf dem Portal „Reisen für Alle“ für Ziele innerhalb Deutschlands. Alle Übernachtungs- und Gastronomiebetriebe, Unterhaltungs- und Freizeitstätten, die hier gelistet sind, erfüllen unabhängig geprüfte Standards der Barrierefreiheit.

Dabei wird ein Kennzeichnungssystem eingesetzt, das einige wichtige Grundvoraussetzungen festlegt:

  1. Die Angebote (etwa ein Hotel oder ein Freilichtmuseum) dürfen nicht selbst einschätzen, wie barrierefrei sie sind. Sie müssen sich von speziell geschulten Experten auf Herz und Nieren prüfen lassen, bevor sie in die Liste aufgenommen werden.
  2. Alle Angaben zur Barrierefreiheit der Orte im Detail aufgeführt, so dass die Urlauberinnen und Urlauber schon bei der Planung ganz genau wissen, was sie erwartet.
  3. „Reisen für Alle“ sicher, dass mindestens eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter pro Betrieb oder Angebot eine Schulung zum Thema „Barrierefreiheit als Qualitäts- und Komfort-Merkmal“ besucht hat.




Studieren mit Behinderung

Inklusion wird in der öffentlichen Debatte oft nur auf das Thema Schule reduziert. Dabei umfasst sie viel mehr, zum Beispiel die Zeit direkt nach dem Abschluss: Junge Absolventinnen und Absolventen mit Behinderung müssen sich genauso wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Handicap überlegen, wie es nach der Schule weitergehen soll. Für diejenigen, die gern studieren möchten, wird es dann oft kompliziert.

Der Grund ist, dass die Barrierefreiheit an vielen Hochschulen immer noch zu wünschen übrig lässt. Und damit sind nicht nur Behindertenparkplätze, Rampen und Aufzüge gemeint, sondern auch die Voraussetzungen für das Lernen in Vorlesungen und Seminaren. Mit technischen Hilfsmitteln ist dabei heute zum Glück schon viel mehr möglich als früher. Viele Unis müssen aber trotzdem noch viel für die Barrierefreiheit in ihren Hörsälen tun und sich insgesamt besser auf Menschen mit Behinderungen einrichten, zum Beispiel auf Studierende mit einer Seh- oder Hörbehinderung oder mit Rollstuhl.

Hürden gibt es also weiterhin viele. Das wissen auch die Studentenwerke und haben deshalb eine eigene Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) eingerichtet, an die sich junge Menschen wenden können, die Infos und Hilfe bei der Entscheidung möchten. Die Stelle wird übrigens auch in diesem guten Artikel zum Thema in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung erwähnt.

Darüber hinaus gibt es auch verschiedene Vereine, die junge Menschen bei der Organisation rund um die Studienwahl unterstützen. Die Stiftung MyHandicap hat dazu Informationen zusammengestellt. Sie empfiehlt zum Beispiel, sich frühzeitig um einen geeigneten Studienplatz zu kümmern und auch über Alternativen nachzudenken.




Die Millionenidee

Schwarze, weiße oder graue Socken? Langweilig, fand John Cronin. Der junge Mann hatte sich schon sich als Kind gerne über besonders farbenfrohe Kleidung ausgedrückt. Diese Leidenschaft wollte der 21-Jährige mit anderen Menschen teilen und gründete gemeinsam mit seinem Vater Mark das Start-up John’s Crazy Socks. Auf der Website verkaufen die beiden seit Ende 2016 die von John entworfenen knallig-bunten Produkte. Inzwischen arbeiten sie zusammen mit 15 Mitarbeitern, zehn davon haben wie der junge Chef eine Behinderung. Und der Erfolg ist riesig: Im ersten Jahr verkaufte die Firma mehr als 42.000 Paare und nahm mehr als 1,7 Millionen Dollar ein. Unser Linktipp der Woche!




„Fünf Jahre, was soll ich sagen. Ich sitz noch immer“

„5 Jahre, was soll ich sagen. Ich sitz noch immer, shit happens, get over it. Gute Nacht“, schreibt Amelie Ebner auf ihrem Blog am 2. Februar 2018. Das Datum ist der fünfte Jahrestag eines schweren Skiunfalls, den sie mit 17 Jahren hatte. Seither ist sie querschnittsgelähmt. Über ihr Leben mit dieser Behinderung bloggt sie jetzt fleißig, ihre Seite nennt sie nach dem Jahrestag des Unfalls „zweiterfebruar“. Die heute 22-Jährige schreibt in all ihren Beiträgen sehr offen, direkt und ehrlich über sich, über ihre oft merkwürdigen Erlebnisse mit anderen Menschen (vor allem denjenigen, die keine sichtbare Behinderung haben) und über ihren Alltag, der sich seit dem Unfall stark verändert hat. Humor hat sie auch, und der ist oft ziemlich schwarz:

„Lag mal wieder flach mit Gehirnerschütterung. Die Leute sagen: ‚Haha, du bist zu dumm zum Laufen und sitzt im Rollstuhl!‘ Ich bin zu dumm zum Rollstuhl fahren. Passiert, wenn man einen anderen Rollstuhl ausprobiert, den Kipppunkt falsch einschätzt, zu viel Schwung gibt. Da landet man schon mal ungebremst auf dem Hinterkopf. Für Kippschutz ist Prinzessin ja zu cool. ‚Nene, ich kann das.‘“

In anderen Posts denkt sie laut darüber nach, warum es sie zwar nicht stört, wenn Leute ihr Hilfe anbieten, sie es aber unglaublich nervig findet, wenn ihr „Nein“ auf dieses Angebot nicht respektiert wird und einfach weiter„geholfen“ wird. Weil gutmeinende, fremde Menschen nämlich nicht wissen, dass zum Beispiel Jacke Anziehen im Rollstuhl sowieso schon schwierig genug ist. Mit ungebetener Hilfe gerät sie dabei eher noch schneller aus dem Gleichgewicht. Amelies Fazit dazu:

„Es ist nett gemeint, ich weiß. Aber es hilft kein Stück, ganz im Gegenteil. Und wenn ich sage ‚Nein‘, versteht das keiner. Manchmal werd ich dann nach dem dritten ‚Nein, bitte nicht!‘ lauter und die Leute sind verdutzt. Ich versteh euch ja auch, aber versteht bitte auch mich. Nein heißt Nein. Und ‚Finger weg‘ heißt ‚Finger weg‘. Egal in welcher Situation.“

Toller Blog, finden wir – und deshalb ist er unserer Linktipp der Woche. Hier geht’s zur Seite: zweiterfebruar.blogspot.de. Unbedingt reinlesen!




Frust macht erfinderisch: Das Rollstuhl-Startup „Freedom One Life“

Alex Papanikolaous herkömmlicher Rollstuhl ging schon oft und in den ungünstigsten Situationen kaputt. Eines Tages beschloss er deshalb, selbst ein besseres Produkt zu bauen, auf das er sich in Zukunft vollständig würde verlassen können. Der Schotte gründete das Start-up „Freedom One Life“. Er begann, einen neuen, robusteren Rollstuhl zu entwickeln, der ihm und anderen Menschen mit körperlichen Behinderungen künftig ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen sollte – auf Nachfrage berichteten nämlich viele, die ebenfalls mit Rollstuhl leben, von den gleichen Problemen mit handelsüblichen Modellen. Im Jahr 2018 soll der neue „Freedom One Chair“, wie der Unternehmer seine Entwicklung nennt, marktreif sein.

ZEIT ONLINE hat den Gründer zu seiner Idee, seinem Start-up und seinem neuen Produkt interviewt  unser Linktipp der Woche! Hier könnt ihr das Gespräch nachlesen.

Noch mehr Infos zu „Freedom One Life“ gibt es auf der Homepage des Start-ups (englischsprachig).




Das Inklusionsklima wird besser – aber es bleibt viel zu tun

Am 3.12. ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Pünktlich zu diesem Anlass meldet die Aktion Mensch einen positiven Trend beim Thema Inklusion in der Arbeitswelt: In ihrem „Inklusionsbarometer Arbeit 2017“ hat sie schon zum fünften Mal die Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts für Menschen mit Behinderung wissenschaftlich erhoben und vor einigen Tagen die Ergebnisse veröffentlicht. Für die Studie befragte die Aktion Mensch wieder gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute Unternehmen und Arbeitnehmer mit Behinderung. Das Fazit: Die Lage verbessert sich weiter, aber es bleibt auch noch viel zu tun.

Positiv ist zum Beispiel, dass der Gesamtwert des Barometers (der ausdrückt, welche Tendenz die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Bereich Inklusion hat) erneut einen deutlichen Sprung von im Vorjahr 106,7 auf 114,2 Punkte gemacht hat. Einer der Gründe dafür ist, dass Unternehmen die Inklusion erneut positiver einschätzen als noch im Vorjahr (von 35,5 auf 37,0). Aber auch Arbeitnehmer mit Behinderung selbst werden immer optimistischer: In diesem Bereich erreichte das Barometer dieses Jahr einen Rekordwert von 45,7 (Vorjahr: 38,7). Ab einem Schwellenwert von 50 spricht die Aktion Mensch hier von einem insgesamt positiven Trend beim Arbeitsklima – diese Marke ist dieses Jahr erstmals fast geknackt.

Neben diesen erfreulichen Entwicklungen gibt aber auch weiterhin viele Aufgaben zu lösen. Zu wenige Unternehmen sind barrierefrei gestaltet und ausgebaut, längst nicht alle haben schriftliche Grundsätze dazu ausgearbeitet. Sehr viele kennen und nutzen aber auch die staatlichen Förderungsmöglichkeiten nicht, die ihnen zustehen, wenn sie Menschen mit Behinderung beschäftigen: 39 Prozent der kleinen Unternehmen, die bereits Menschen mit Handicap beschäftigen, sind diese Zuschüsse gänzlich unbekannt und 23 Prozent der Personalverantwortlichen, denen die staatliche Förderung bekannt ist, nehmen diese Möglichkeiten nicht in Anspruch.