Arbeiten auf dem Bauernhof

Christian Hofmann überquert eine Weide, auf der schwarzgescheckte Milchkühe grasen, und stapft weiter zum Hühnergehege. Er schaltet den Elektrozaun ab, der Legehennen und Rinder voneinander trennt, und steigt darüber. „Na, ihr Süßen“, sagt er zu den braunen Hennen, die ihn erwartungsvoll gackernd umringen.

Hofmann klappt den Deckel der Futtertonne auf und streut Getreide auf die Wiese. Während die Vögel die Körner aufpicken, sammelt der Landwirtschaftshelfer die frisch gelegten Eier ein. „Die bringe ich gleich in die Scheune“, erklärt er. „Dort verpacke ich sie nach Größen sortiert für unseren Hofladen.“

Von zufrieden gackernden Hühnern und besonderen Kartoffelsorten

Seit Anfang 2014 arbeitet der heute 31-Jährige auf dem Hofgut Schloss Hamborn. Das Inklusionsunternehmen im ostwestfälischen Borchen beschäftigt in Landwirtschaft, Bäckerei, Käserei, Fleischerei und der Vermarktung 62 Männer und Frauen, 20 von ihnen haben, wie Christian Hofmann, eine Behinderung. Für ihn ging damit ein Traum in Erfüllung, denn für den jungen Mann stand schon lange fest, dass er einmal auf einem Bauernhof arbeiten wollte: „Nach der Schule habe ich fünf Jahre lang auf einem Biolandhof mitgeholfen und dann eine Ausbildung auf einem Demeterhof gemacht. Das ist genau das Richtige für mich.“

Seine größte Leidenschaft ist der Ackerbau. „Ich mag den Kontakt zur Erde und den Pflanzen“, sagt Hofmann. „Am liebsten habe ich Kartoffeln. Ich habe sogar schon Sorten mit ausgesucht, die festkochende Allians zum Beispiel und Gunda, eine mehligkochende Sorte.“ Weil er so in seiner Arbeit aufgeht, lebt der Geselle auch auf dem Hofgut und teilt sich mit ein paar Kollegen das dafür vorgesehene Wohnhaus. „Das ist bei uns nur ein Angebot, keine Pflicht“, sagt Gerd Bögeholz, Geschäftsführer der Hofgut-gGmbH, die seit 2013 als Inklusionsunternehmen geführt wird. „Die meisten unserer Mitarbeiter wohnen außerhalb.“

Das Hofgut ist Teil eines anthroposophischen Konzepts

Das Hofgut selbst gibt es schon seit dem Jahr 1931, es ist der älteste Demeterhof in Nordrhein-Westfalen. „Eines unserer Ziele ist es, hier einen in sich geschlossenen Nährstoffkreislauf zu betreiben“, erläutert Bögeholz das Konzept des Hofs. „Dazu gehört zum Beispiel, dass unsere Mastschweine aussortierte Kartoffeln, aber auch Getreide und Kraftfutter aus eigenem Anbau fressen. Außerdem bekommen sie die Molke, die in unserer Käserei abfällt.“ Das Demeter-Prinzip geht auf eine Weltanschauung zurück, die Rudolf Steiner begründete und die sich „Anthroposophie“ nennt.

Das Hofgut ist Teil einer ganzen Anlage in Borchen, in deren Einrichtungen dieses Konzept verfolgt wird: Auf dem Gelände des Anthroposophischen Zentrums Schloss Hamborn gibt es neben dem Bauernhof noch eine Reha-Klinik, ein Altenwohnheim, einen Waldorfkindergarten, einen stationären Jugendhilfebereich mit Berufsförderung und eine Waldorfschule mit Förderschulbereich. Ein Inklusionsbetrieb wie das Hofgut passt gut ins Konzept, findet Gerd Bögeholz: „Wir wollten eine berufliche Perspektive für die Schüler aus unserem Jugendbereich und auch anderer Förderschulen schaffen.“
Die Produkte wie Käse, Gemüse, Brot und Fleisch landen in den Küchen von Reha-Klinik und Kindergarten. „Wir verkaufen unsere Produkte auch in Paderborn auf dem Markt oder in unserem Online-Shop ‚Biomanufaktur‘“, erklärt der Inhaber Gerd Bögeholz. „Dort können die Kunden einzelne oder Abo-Bestellungen aufgeben, und wir beliefern über den Shop auch Bio-Supermärkte.“

Den mit Abstand größten Anteil am Verkauf hat aber der Hofladen ‚Natura‘, der unmittelbar neben Reha-Klinik und Schule liegt. Hier gibt es die Produkte des Hofgutes an der Fleisch-, Wurst- und Brötchentheke, aber auch in den Obst-, Gemüse- und Käseregalen zu kaufen. Kosmetikartikel, Tee, Kaffee und Bio-Weine ergänzen das Angebot, so dass die Kunden ihren kompletten Einkauf im Hofladen erledigen können.

Mercedes Hermann steht hier regelmäßig hinter der Ladentheke. Sie kennt das Geschäft noch aus der Zeit, als sie die Förderschule von Schloss Hamborn besuchte. „Ich habe hier als Schülerin ein längeres Praktikum gemacht“, sagt die 24-Jährige. Nach ihrer Schulzeit bekam sie eine Ausbildungsstelle, die auf ihre Behinderung angepasst war, und wurde anschließend übernommen. „Der Laden ist viel angenehmer als große Supermärkte“, findet die Verkaufshelferin. „Auch die Kunden sind viel offener und wollen mehr Beratung. So kommen wir viel mit ihnen in Kontakt, das ist schön.“

Vor zwei Jahren wurde das Geschäft umgebaut und modernisiert, die Verkäufe stiegen dadurch an. „Wir konnten den Umsatz durch diese Maßnahmen verdoppeln“, berichtet Gerd Bögeholz. 250 bis 300 Kunden kommen heute täglich in den Hofladen, neben den Bewohnern von Schloss Hamborn sind darunter auch viele Eltern. „Sie kaufen hier ein, wenn sie ihre Kinder zur Schule oder in den Kindergarten bringen“, erklärt der 47-Jährige. „Aber es gibt ebenso Kunden, die extra wegen des Ladens zu uns rausfahren, weil sie sich gesund ernähren und regional einkaufen wollen.“