Digitale Innovationen für mehr Inklusion im Alltag

 #1: Das Deaf Magazine – ein analoges Heft mit digitalen Inhalten

Die Macher des ‚Deaf Mag‘ bezeichnen ihr Heft als „Lifestyle- und Gesellschaftsmagazin für die deutsche Gehörlosenszene“. Sie möchten damit Kommunikationsbarrieren für Gehörlose und für Menschen mit Hörbehinderung abbauen. Und das geht so: Das Magazin ist ein gedrucktes Heft, das neben Texten und Bildern auch Verweise auf Gebärdensprach-Videos enthält. Möglich wird das mit Augmented Reality (Übersetzung: Erweiterte Realität). Mit dieser Technologie werden kleine Codes in die Bilder des Magazins eingefügt, die auf Videos im Netz verweisen. Die Leser müssen nur die App zum Magazin auf ihrem Smartphone installieren und können das Telefon dann einfach über einen solchen Code halten – damit gelangen sie direkt zu den Videos. Die kleinen Filme ergänzen die Beiträge im Magazin mit Infos in Gebärdensprache, zum Beispiel zu Persönlichkeiten aus der Gehörlosen-Szene, Veranstaltungen, Barrierefreiheit oder der Gebärdensprachkultur in anderen Ländern. Die Videos sind zusätzlich untertitelt.

Der Hintergrund der Idee zum Magazin ist, dass viele gehörlose Menschen mit der Deutschen Schriftsprache Schwierigkeiten haben, weil sie auf der gesprochenen Sprache basiert. Die Muttersprache von Menschen mit Hörbehinderung ist aber die Gebärdensprache – und diese unterscheidet sich in Grammatik und Wortbildung sehr stark von der Lautsprache. Das Deaf Mag berücksichtigt genau das und erleichtert Gehörlosen durch die per Code eingebundenen Videos in Gebärdensprache den Zugang zu den Inhalten des Magazins. Nebenbei können die Leser außerdem neue Wörter in Schriftsprache lernen – oder sich umgekehrt, dank der Untertitel unter den Videos, die Gebärdensprache aneignen.

Zwei junge Männer schauen auf ein Smartphone, auf dem die App des Deaf Magazine aufgerufen ist.
Wer die App des Deaf Magazine herunterlädt, kann darin Videos zu den Artikeln im Magazin anschauen. Foto: Andi Weiland/ Gesellschaftsbilder.de

#2: Die EiS-App – Gebärdensprache spielerisch lernen

Die EiS-App (Abkürzung für ‚Eine inklusive Sprachlern-App‘) soll Kinder mit einer verzögert entwickelten Sprache dabei unterstützen, die Gebärdensprache zu erlernen. Die Mädchen und Jungen haben nämlich oft Schwierigkeiten, sich in Lautsprache mit anderen zu unterhalten. Wenn sie und ihre Freunde aber einen „Grundwortschatz“ in Deutscher Gebärdensprache hätten, könnten sie unkompliziert und spielerisch miteinander kommunizieren. Genau das ist die Idee der Entwickler, die ihre App an Schulen und Kindergärten als Hilfsmittel zum Erlernen der Gebärdensprache etablieren wollen. Sie hoffen, damit auch Berührungsängste zwischen Kindern mit und ohne Behinderung abzubauen. Aktuell ist die App noch in der Testphase.

Die Software funktioniert wie ein Wörterbuch, das den Wortschatz und die Grammatik der Gebärdensprache vermittelt: Neben dem ausgeschriebenen Wort erscheinen ein Symbol und ein Gebärdenvideo, außerdem ist der jeweilige Begriff als Audio-Datei hinterlegt. Die App ist damit sehr intuitiv bedienbar und auch das barrierefreie Design ist genau auf Menschen mit kognitiven Behinderungen zugeschnitten.

#3: Match My Maker – günstige Hilfsmittel von Bastlern und Tüftlern

Diese Online-Plattform will gezielt Menschen mit Behinderung und kreative Köpfe zusammenbringen, die ihre Talente und Fähigkeiten einsetzen möchten, um individuelle Hilfsmittel zu entwickeln. Match My Maker ist also ein Netzwerk für private oder professionelle „Macher“, die sich mit moderner Technik auskennen und verschiedenste Objekte bauen oder umgestalten können – zum Beispiel einen Getränkehalter für einen Rollstuhl oder individuell angepasste Griffe für einen Gehstock aus dem 3D-Drucker.

Die Plattform stellt aber nicht nur Kontakte her, sondern unterstützt die inklusiven Projektteams auch mit Coachings. Außerdem können die Entwickler ihre Lösungen in einer Datenbank erfassen, damit auch andere Menschen auf ihre Ideen zugreifen und diese für sich oder ihre Angehörigen weiternutzen können.

Drei Frauen besprechen an einem Flipchart die Ideen für ihr Projekt.
Was können wir mit unserer Idee erreichen und was müssen wir dafür tun? Mit diesen und anderen Fragen erarbeiten die Finalisten Projektpläne für ihre Start-ups. Foto: Andi Weiland/Gesellschaftsbilder.de

#4: „Kultur mit allen Sinnen“ – eine inklusive Museums-App

Der Name der App, die von der Berlinischen Galerie zusammen mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV entwickelt wurde, ist wörtlich gemeint: Sie soll es allen Menschen mit und ohne Behinderung ermöglichen, Kultur und Kunstwerke mit verschiedenen Sinnen zu erleben. Die Software führt die Besucherinnen und Besucher zu den 17 wichtigsten Stationen der Dauerausstellung „Kunst in Berlin 1880-1980“ und liefert dort nicht nur Hintergrundinformationen zum jeweiligen Künstler, dessen Technik und zur Entstehungszeit der Gemälde und Skulpturen, sondern auch eine sehr detaillierte akustische Beschreibung der Werke. Die Inhalte werden automatisch abgespielt, sobald die Besucher an einer Station angelangt sind. Ergänzt wird das Kultur-Erlebnis durch ein taktiles Bodenleitsystem, das sich durch die gesamte Ausstellung zieht.

Die App kann übrigens auch in anderen Museen eingesetzt werden und ist beliebig erweiterbar. Zum Beispiel können Infos in Gebärdensprache oder Leichter Sprache ergänzt werden. Und: Die App unterstützt ihre Nutzer auch schon vor dem Museumsbesuch. Wer möchte, kann akustische Wegbeschreibungen von Haltestellen der Öffentlichen Verkehrsmittel zum Museum oder Hinweise zur Orientierung im Museum abrufen.

Die App für iOS und Android ist im App-Store und Google Play-Store verfügbar (Suchbegriff „Berlinische Galerie“).

#5: Ever Guide Ein Indoor-Navigations-System fürs Smartphone

An Flughäfen, in Behörden, in Einkaufszentren oder in ähnlich unübersichtlichen Gebäuden ist es für Menschen mit Sehbehinderung oft nicht einfach, sich zurechtzufinden und sicher zu bewegen. Das Fraunhofer Institut für offene Kommunikationssysteme (FOKUS) möchte das mit seinem Indoor-Navigationssystem „Ever Guide“ ändern. Das Programm nutzt Sensordaten des Smartphones – zum Beispiel der Kamera und des Beschleunigungssensors – und errechnet daraus sehr präzise den Standort des Nutzers innerhalb eines Gebäudes. Diese Technik kann Menschen mit Sehbehinderung dadurch besonders genau führen, was mit einer herkömmlichen GPS-Navigation bisher nicht möglich war.

Ever Guide ist barrierefrei und eignet sich besonders für Menschen mit Sehbehinderung. Aber auch Menschen mit körperlichen Behinderungen profitieren von dem Programm: Es bietet neben der genauen Wegführung auch eine Funktion, mit der barrierefreie Wege im Inneren eines Gebäudes angezeigt werden können.