Es kann manchmal recht einfach sein. Die Geschichte von Teamwork Höxter zum Beispiel begann mit einem Gespräch während einer Autofahrt. Die Geschäftsleitung und ein Mitarbeiter der Lebenshilfe Brakel sprachen über die beruflichen Chancen ihrer Klient:innen und Schüler:innen: Man habe tolle Leute, aber wenig Möglichkeiten, diese auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Und auch intern finde sich selten etwas Passendes. Es wird kurz still im Auto, dann fasst das Team der Lebenshilfe den Vorsatz: „Das ändern wir jetzt.“
Aus diesem Gedanken entstand 2020 die Teamwork Höxter gGmbH. Geschäftsführer des neuen Unternehmens wurde Antonius Schulte, der bis dahin für die Lebenshilfe gearbeitet hatte und bei der entscheidenden Autofahrt mit dabei war. Die Idee hatte ihn schon vorher länger begleitet. 2002 war er nach zwei abgeschlossenen Handwerksausbildungen als Zivildienstleistender zur Lebenshilfe gekommen. Im Anschluss arbeitete er jahrelang als Lehrer im Berufsbildungsbereich der von der Lebenshilfe getragenen Förderschulen. „Gestrandet und dann nicht gegangen“, sagt der 44-Jährige heute lächelnd. Schon während der Lehrtätigkeit im Bereich geistige Entwicklung ärgerte er sich darüber, dass es in der Region nur begrenzte Anschlussmöglichkeiten für seine Schüler:innen gab.
Natürlich bestehe immer die Möglichkeit, in eine Werkstatt für behinderte Menschen zu wechseln. „Das ist für viele auch eine richtige und gute Option“, sagt Schulte. Es gebe jedoch in jedem Jahrgang eine Handvoll Schüler:innen, die mit der Arbeit in der Werkstatt unterfordert, mit dem Schritt in die freie Marktwirtschaft aber überfordert wären. Das war die Lücke, die das inklusive Unternehmen Teamwork Höxter füllen sollte.
Von der guten Idee zur guten Praxis
Zwar brauchte die Umsetzung ihre Zeit, aber die ersten Gespräche mit Einrichtungen wie dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe liefen unkompliziert; der Ansatz fiel auf fruchtbaren Boden. Neben dem bürokratischen Aufwand beschäftige Schulte vor allem die Frage: Wie lässt sich die gute Idee in eine ebenso gute Praxis übersetzen? Die Aufgaben, das Arbeitsmodell und die Anforderungen der späteren Mitarbeiter:innen sollten schließlich zusammenpassen.
Aus diesem Grund plante Schulte für Teamwork Höxter von Anfang an mit einem Tandem-Modell: In vier Teams arbeiten je eine Fachkraft und ein:e Mitarbeiter:in mit einer geistigen Behinderung in verschiedenen Hausmeistertätigkeiten in der Umgebung rund um Höxter. Beide Teammitglieder profitieren von der Zusammenarbeit: Die Hausmeister:innen schaffen Außeneinsätze kaum allein, ihre Kolleg:innen mit Behinderung bekommen bei Bedarf Unterstützung. Dieses Konzept lieferte letztlich auch die Inspiration für den Namen „Teamwork“. Das sei schließlich die Arbeitsweise, die am besten zur Vision des Projekts passe, sagt Schulte: „Das ist Inklusion in Reinform.“
Wichtig für einen gelungenen Start des Unternehmens und die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts war es, die richtigen Fachkräfte mit der nötigen Sozialkompetenz zu finden. „Die müssen das auch wollen“, resümiert Schulte. Ein Glücksfall: Das Unternehmen konnte direkt mit zwei Hausmeistern der Lebenshilfe starten, die schon mit der Zielgruppe vertraut und von dem neuen Konzept überzeugt waren. Unterstützt werden die Teams vom sozialen Dienst der Lebenshilfe. So haben die Mitarbeiter:innen die Möglichkeit, regelmäßig Feedback zu geben und zu erhalten und sich über die Arbeitswoche auszutauschen. Das sorgt für ein gutes Arbeitsklima, sichert beständig gute Leistungen und schafft so die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches inklusives Arbeiten.
Die Aufgabenvielfalt war ein großer Anreiz
Benedikt Prohn war einer der beiden Hausmeister, die von der Lebenshilfe zu Teamwork Höxter wechselten. „Wir waren sofort dafür zu haben“, erzählt der 36-Jährige begeistert. Junge Menschen bekämen eine Chance, und auch für ihn habe das Tandem-Konzept klare Vorteile: „Zu zweit kann man vieles besser machen.“
Teamwork Höxter wird häufig von der Lebenshilfe beauftragt, eine Synergie, die den Start des Unternehmens durch sichere Aufträgen begünstigte. Prohn und sein Tandem-Partner David Schreiber (22) sind heute in einer der Wohnstätten tätig. Das Gebäude wird saniert, es gibt also viel zu tun: Die Wände müssen verputzt und gestrichen, Anschlüsse installiert und Elektronik montiert werden. Die ständig wechselnden Aufgaben bringen auch immer neue Anlernphasen mit sich – durchaus eine Herausforderung für die Fach- und die Hilfskraft.
David Schreiber arbeitete in einer der Werkstätten der Lebenshilfe, bevor er 2021 zu Teamwork Höxter wechselte. Für ihn war gerade die Aufgabenvielfalt im neuen Unternehmen der Hauptgrund für diesen Schritt. Dass die Tätigkeiten und Einsatzorte von Tag zu Tag unterschiedlich sein können, liege ihm mehr als der geregelte Ablauf in der Werkstatt, sagt Schreiber – eine Bestätigung der Gründungsidee von Teamwork Höxter. Das gute Arbeitsklima im Tandem hilft dabei, sich die neuen Tätigkeiten zu erschließen: „Wir haben unseren Spaß, wir haben unsere Streitereien, aber wir kriegen alles hin“, sagt er und grinst zu Benedikt Prohn hinüber. Er sieht seine Zukunft auch weiterhin im Betrieb und ist rundum zufrieden: „Es ist schon Bombe. An jedem Tag, wenn ich aufstehe, freue ich mich aufs Neue.“
Bewusst für die Veränderung entschieden
Thomas Schwarz steht vor der alten Stadtmauer in Höxter. Im Duo mit seinem Kollegen Patrick Nordhold (28) bringt er heute die Grünflächen am anliegenden Parkplatz auf Vordermann. Schwarz stieß erst nach der Gründung zum Team. Der 53-Jährige wechselte von einem großen Agrarhändler zu Teamwork Höxter, als das Unternehmen eine Fachkraft an der Schnittstelle von Landschaftsbau und Elektrotechnik suchte.
Patrick Nordhold war wie David Schreiber früher in einer Werkstatt beschäftigt. Er interessierte sich für die neuen Aufgaben bei Teamwork Höxter, traute sie sich zu und wollte diesen Schritt unbedingt gehen – auch gegen den Wunsch seiner Familie, die die Sicherheit der Werkstatt schätzte: „Ich habe das für mich selbst entschieden. Ich wollte mal auf eigenen Füßen stehen.“ Dass Antonius Schulte früher sein Lehrer war, half ihm, den Sprung zu wagen. Nach einem Praktikum zum Eingewöhnen kam er im September 2021 zusammen mit Thomas Schwarz ins Unternehmen.
Der Tapetenwechsel bekomme ihm gut, die Arbeitsweise passe besser zu ihm, sagt Nordhold: „Ich fühle mich einfach freier.“ Auch er schätzt die vielfältigen Arbeitsfelder im Freien, vor allem aber die Strukturen innerhalb des Unternehmens. Wenn eine Aufgabe mal länger dauert oder Fragen offenbleiben, helfen die Kolleg:innen – aber eben auch nur dann, wenn wirklich Hilfe gebraucht wird. „Ich krieg das hin und die kommen damit klar“, sagt Patrick Nordhold. Nach einem Jahr ist er mit seiner Arbeit und seiner Entscheidung zufrieden, trotz der großen Umstellung, die diese mit sich gebracht hat. Er fühlt sich bestätigt: „Ich würde es nochmal machen“, stellt er fest. Dann geht er zurück an die Arbeit.
Balanceakte und gute Vorsätze
Schon als Lehrer war es für Antonius Schulte wichtig, eine gute Balance zwischen Fördern und Fordern zu finden. Nun setzt er das auch bei Teamwork Höxter um. Man müsse bereit sein, zu sagen: „Das Ergebnis wollen wir haben, jetzt schauen wir, wie das klappt.“
Die Ergebnisse sprechen für sich. Mittlerweile hat sich das Unternehmen in der Region einen guten Ruf erarbeitet, den es immer wieder mit guter Arbeit bestätigt. Und diese Qualität hat ihren Preis: „Wir zeichnen uns nicht dadurch aus, besonders günstig zu sein“, sagt der Geschäftsführer. An die Leistungen der ersten Jahre kann und will Schulte anknüpfen. Nächstes Jahr soll das Unternehmen zwei weitere Teams einstellen und nach Möglichkeit auch weitere Arbeitsbereiche erschließen. Bei den Zukunftsplänen zeigt sich Schulte so flexibel wie bei der Unternehmensgründung: „Auf Neues gehen wir offen zu.“ —