Wer schließt eine Inklusionsvereinbarung?
Die beiden Vertragsparteien sind die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebs- oder Personalrat auf der einen und das Unternehmen auf der anderen Seite. Beide Parteien unterzeichnen die Vereinbarung und verpflichten sich, auf die verabredeten Ziele hinzuarbeiten und ihre Aufgaben dafür zu erfüllen.
Wer kann eine solche Vereinbarung anstoßen?
Die Schwerbehindertenvertretung hat das sogenannte Initiativrecht. Sie darf also die Unternehmensleitung dazu auffordern, über eine Inklusionsvereinbarung zu sprechen. Wenn es im Unternehmen keine Schwerbehindertenvertretung gibt, dürfen der Betriebs- oder Personalrat eine Inklusionsvereinbarung anregen. Die Unternehmensleitung muss laut Gesetz über eine Vereinbarung verhandeln. Falls das Unternehmen sich nicht mit der Interessenvertretung der Belegschaft einig wird, kann das regionale Inklusions- oder Integrationsamt schlichten und vermitteln.
Was steht normalerweise in einer Inklusionsvereinbarung?
Es gibt keine Formvorschriften für die Vereinbarung. Im Gegenteil: Sie soll zum jeweiligen Unternehmen passen und kann deshalb auch individuell gestaltet werden. Die folgenden Bausteine kommen aber in vielen Inklusionsvereinbarungen vor:
- Präambel/Leitbild: In dieser kleinen Einleitung erklärt das Unternehmen zum Beispiel seine Haltung zu Inklusion und Teilhabe, beschreibt, ob und wie es bereits inklusiv arbeitet, und skizziert, was es erreichen möchte.
- Ist-Analyse: Dieser Teil ist die Bestandsaufnahme der aktuellen Situation im Unternehmen. Die Vertragsparteien halten in der Analyse ihre Antworten etwa auf folgende Fragen fest: Erfüllt das Unternehmen die gesetzliche Beschäftigungsquote? Ist das Gebäude barrierefrei? Sind Bewerbungsprozesse inklusiv gestaltet? Gibt es Probleme und Vorurteile innerhalb des Teams? Und so weiter.
- Ziele: Aus der Ist-Analyse leiten das Unternehmen und die Schwerbehindertenvertretung ihre Ziele für die Zukunft ab. Gibt es beispielsweise Probleme bei der Barrierefreiheit, können die Parteien miteinander vereinbaren, konkrete Umbaumaßnahmen anzugehen oder Hilfsmittel anzuschaffen. Wenn es Schwierigkeiten, Ängste oder Vorurteile im Team gibt, könnten Expert:innen zu einer Schulung oder als Berater:innen eingeladen werden. In jedem Fall sollte die Inklusionsvereinbarung am Ende genau festhalten, wer was bis wann umsetzen soll – nur dann können beide Seiten später nachvollziehen, ob sie ihre Ziele tatsächlich erreicht haben.
Und noch ein Tipp: Schreiben Sie lieber ein kleines Ziel in die Inklusionsvereinbarung, das erst einmal nur einen Teilschritt erfüllt, anstatt ein sehr großes Ziel, das in weiter Ferne liegt und schwerer zu erreichen ist. Überprüfen Sie beim kleinen Ziel dafür aber schon nach ein oder zwei Jahren, ob es erreicht wurde. So haben Sie wahrscheinlich schneller Erfolgserlebnisse und alle Beteiligten sind dadurch eher motiviert, dranzubleiben. - Verantwortung und Controlling: Am Schluss der Vereinbarung sollten die Vertragsparteien festhalten, welche Fachstelle oder Person für welche Maßnahmen verantwortlich ist. Außerdem sollten sie aufschreiben, wann und wie sie prüfen wollen, ob das Unternehmen die vereinbarten Ziele erreicht hat. Zu dem verabredeten Zeitpunkt setzen sich die beiden Parteien dann wieder zusammen und besprechen, wie sie die Inklusionsvereinbarung weiterentwickeln und welche neuen Ziele sie in den nächsten Jahren erreichen möchten.
Wie profitieren die Mitarbeiter:innen eines Unternehmens von einer Inklusionsvereinbarung?
Eine Inklusionsvereinbarung schafft in der Regel zwar keine Rechte für die Mitarbeiter:innen mit Schwerbehinderung, die sie einklagen können, bringt aber viele Vorteile. Beispielsweise wissen durch die Vereinbarung alle Beschäftigten genau, zu welchen Maßnahmen sich das Unternehmen verpflichtet hat. Manchmal sind Angestellte mit Schwerbehinderung auch unsicher, ob sie die Unternehmensleitung über ihre Behinderung informieren sollen. Sie gehen diesen Schritt dann oft erst aufgrund der Inklusionsvereinbarung. Danach ist der Weg frei – sofern nötig –, mit dem Unternehmen über Hilfsmittel oder einen angepassten Arbeitsplatz zu sprechen.
Eine Inklusionsvereinbarung ist auch ein Plus für Mitarbeiter:innen ohne Behinderung: Sie können darin nachlesen, mit welchen Maßnahmen das Unternehmen sie nach einer Erkrankung oder einem Unfall unterstützen würde.
Was bringt eine Inklusionsvereinbarung dem Unternehmen?
Das Unternehmen gewinnt durch die Ist-Analyse in der Inklusionsvereinbarung Klarheit darüber, wo es im Betrieb schon gut läuft und wo es etwas zu verbessern gibt. Manchmal stellt sich bei der Analyse auch heraus, dass das Unternehmen noch Fördergelder oder andere Hilfen beantragen und dadurch Kosten sparen kann.
Das Unternehmen gewinnt auch indirekt, weil die Mitarbeitenden sich beteiligen können, sich gesehen fühlen und motivierter sind. Eine Inklusionsvereinbarung kann außerdem eine gute Werbung nach innen und außen sein.
Wo finden Betriebe mehr Informationen und gute Beispiele, wenn sie selbst eine Inklusionsvereinbarung schließen möchten?
Viele Inklusions- und Integrationsämter bieten Broschüren und anderes Infomaterial an, zum Beispiel das LWL-Inklusionsamt Arbeit. Das Portal REHADAT sammelt auf dieser Seite viele Beispiele für Inklusionsvereinbarungen. Wichtig: Nutzen Sie diese Beispiele nur als Anregung, nicht als Muster für Ihren Betrieb. Ein kurzes, konkretes und individuelles Dokument ist besser als viele schöne Formulierungen, die dann möglicherweise nicht umgesetzt werden.
Um Ihre eigene Vereinbarung zu schreiben, können Sie diesen Bauplan von REHADAT verwenden. Darin können Sie alle Punkte von der Präambel über „Prävention“ bis zu „Arbeitsplatzgestaltung“ und „Digitalisierung“ anhaken, die für Ihr Unternehmen relevant sind. Anschließend können Sie ein Gerüst für Ihre Inklusionsvereinbarung herunterladen und mit Leben füllen. REHADAT liefert in diesem Gerüst zu jedem Punkt passende Fragen, die Sie dort beantworten können, außerdem finden Sie jeweils Links zu weiteren Informationsquellen. So können Sie in Ihrem Team alles Relevante diskutieren und dann passend für Ihren Betrieb vereinbaren und aufschreiben.