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Fachstelle für kulturelle Teilhabe: Wie Mecklenburg-Vorpommern inklusive Kultur fördern will

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit Januar 2025 eine neue Anlaufstelle für Kulturschaffende mit Behinderungen und für Kultureinrichtungen, die inklusive Angebote schaffen wollen: die „Fachstelle für kulturelle Teilhabe“. Sie soll dabei helfen, Kunst und Kultur für mehr Menschen zugänglich zu machen. Marlen Kriemann arbeitet dort und erzählt im Interview, was sie Kulturträgern und Kulturschaffenden anbietet – und welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten es in der Region gibt.

Person berührt eine taktile Braille-Platte auf einem Ausstellungstisch, mit einem Fokus auf die Fingerspitze und die Umgebung des Displays.

Frau Kriemann, Sie haben Anfang des Jahres in der „Fachstelle für kulturelle Teilhabe“ zu arbeiten begonnen. Welche Ziele und Aufgaben hat diese Einrichtung?

Die Fachstelle soll Kulturschaffende sowie Kunst- und Kultureinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern dabei unterstützen, Zugänge für alle zu schaffen und Barrieren abzubauen. Ich werde in diesem Jahr zum Beispiel kostenfreie Fortbildungen anbieten, in denen ich inklusive kulturelle Formate vorstelle und erkläre, wie bei Veranstaltungen, in Programmen und in der Öffentlichkeitsarbeit Leichte Sprache eingesetzt werden kann. Außerdem berate ich Kulturschaffende, die ihr Programm inklusiver gestalten möchten, die also mit inklusiven Teams und für ein Publikum aus Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten wollen. Ich berate nicht nur per E-Mail und Telefon, sondern biete auch Besuche an. Manchmal lässt sich so leichter klären, welche Barrieren und Bedarfe es gibt und welche Expert:innen in eigener Sache in der jeweiligen Kultursparte schon aktiv sind. Umgekehrt berate ich auch Kulturschaffende, für die die Kulturbranche zum Beispiel wegen einer Behinderung oder aus anderen Gründen bisher weniger zugänglich ist als für andere Menschen. Darüber hinaus plane ich, an Vernetzungstreffen in der Region teilzunehmen. Und ich werde auch für die Menschen selbst, die in der Kultur und in den Bereichen Inklusion und Diversität (auf Deutsch: Vielfalt) arbeiten, neue Möglichkeiten des Kontakts miteinander schaffen.

Arbeiten Sie in der Fachstelle in einem Team?

Nein, in der „Fachstelle für kulturelle Teilhabe“ arbeite ich allein. Sie ist aber an die Organisation „Kultur Land MV“ angebunden, die im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern Kulturschaffende unterstützt. Zu „Kultur Land MV“ gehören mehrere kulturelle Fachstellen. Mit den Kolleg:innen dort arbeite ich themenübergreifend zusammen, zum Beispiel indem wir Kulturschaffende gemeinsam bei Anträgen für Fördergelder helfen oder sie miteinander vernetzen. Manchmal planen wir auch gemeinsam Veranstaltungen und unterstützen uns dabei gegenseitig mit unseren Erfahrungen.

Welchen beruflichen Hintergrund haben Sie?

Ich habe Kulturwissenschaften studiert. Vor meinem jetzigen Beruf habe ich als Referentin für kulturelle Teilhabe im Landesministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten gearbeitet. Dort war ich also auch schon dafür verantwortlich, Inklusion und Diversität in der Kultur voranzutreiben und die damit verbundenen Veränderungen zu begleiten und zu steuern. Ich bin daher schon gut mit Kulturschaffenden in Mecklenburg-Vorpommern vernetzt.

Sind in der „Fachstelle für kulturelle Teilhabe“ seit Anfang des Jahres schon Anfragen von Kulturträgern oder -einrichtungen eingegangen?

Ja, es haben sich bereits einige Kulturschaffende an mich gewandt, sowohl solche aus Kultureinrichtungen als auch selbstständige Kulturschaffende. Es haben sich auch Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen, Behindertenbeiräte und andere Organisationen gemeldet, die ursprünglich nicht aus der Kultur kommen, aber gerne kulturelle Angebote aufbauen oder diese stärken möchten. In den Anfragen geht es zum Beispiel darum, dass sich Kulturschaffende besser vernetzen oder eine Veranstaltung barrierefrei gestalten möchten. Einige interessieren sich auch für den so genannten Teilhabefonds. Aus diesem Geldtopf unterstützt das Land seit 2024 Kulturprojekte, die inklusiv oder divers aufgestellt sind, mit bis zu 5.000 Euro pro Jahr. Diesen Fonds verwalte ich ab diesem Jahr in der Fachstelle.

Welche Voraussetzungen muss ein Projekt erfüllen, um sich auf eine Förderung aus diesem Fonds zu bewerben?

Aus dem Teilhabefonds können inklusive und diverse Kulturprojekte gefördert werden, die Kunst und Kultur gleichberechtigt zugänglich machen wollen und in Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet werden oder sich inhaltlich mit unserem Bundesland beschäftigen. Sowohl Einzelpersonen als auch Vereine und andere Organisationen können sich bewerben. Die Antragsfrist für die diesjährige Förderrunde endet am 16. März 2025.

Im vergangenen Jahr hat das Land Mecklenburg-Vorpommern über den Fonds bereits 15 Projektträger gefördert. Was für Projekte sind das?

Aus dem Fonds wurden zum Beispiel ein Filmfestival und das „reflektor – Festival der Kommunikation“ mitfinanziert, das im April 2025 an der Hochschule Wismar stattfinden wird. Es beschäftigt sich anhand von Vorträgen, Workshops und anderen Veranstaltungen mit den Themen Inklusion und Exklusion. Darüber hinaus wurden mit dem Fonds auch Leitsysteme für Kultureinrichtungen gefördert, damit sich unter anderem Menschen mit Sehbehinderung dort selbstständig orientieren können. Die Organisation „Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern“ hat ebenfalls einen Zuschuss bekommen, um mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Tastmodelle von Kunstobjekten zu entwickeln. Menschen mit Sehbehinderung haben dann in sogenannten Prüfgruppen ausprobiert, ob diese Tastmodelle funktionieren, also wirklich barrierefrei nutzbar sind. Auch die „Mad Artists“ aus Rostock werden aktuell über den Teilhabefonds gefördert. Das ist eine Kreativgruppe, die unter anderem Trick- und Kurzfilme gestaltet. Die Projekte, die wir fördern, sind also sehr vielfältig.

Über unsere Interviewpartnerin

Porträtfoto von Marlen Kriemann
Foto: Dominique He

Name: Marlen Kriemann
Geburtsjahr: 1996
Arbeitsort: Rostock
Beruf: Fachreferentin in der „Fachstelle Kulturelle Teilhabe“ in Mecklenburg-Vorpommern

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